Emils Perspektive auf unser gemeinsames Overnight. Danke für deine Offenheit und den Vorschlag, Deine Version des Abends und der Nacht so öffentlich zu teilen! Meinen Session-Bericht findest Du hier.
Es gibt viele furchtbare Gründe, eine Partnerschaft nicht zu beenden. Für mich ist es fünf Jahre her, dass ich meinen furchtbaren Grund überwunden habe: Ich war fest davon überzeugt, nie wieder solchen Sex haben zu können.
Ich war devot, kinky, unsicher. Ich habe meiner Partnerin geglaubt, die nicht müde wurde, mir zu versichern, dass zwar sie große Freude an den geteilten Intimitäten hat, sie versteht, was ich an dominant-devotem Spiel schätze, dass sie es genießt, Macht über mich zu haben – aber, dass ich auch besser nicht davon ausgesehen sollte, dass jemand anders sich darauf einlassen würde. Denn, wow, ich sei ja weird. Gut, dass ich sie hatte, sagte sie.
Sie war erfahrener. Mit Beziehungen. Mit Sex. Mit Menschen. Und ich war fassungslos glücklich darüber, dass sie vieles, was mich faszinierte, nur seltsam, aber nicht abstoßend fand. Dass ich es beenden konnte, lag dann auch nicht daran, dass ich keine Angst mehr davon hatte, mit meiner Weirdness alleine bleiben zu müssen. Sondern, weil mittlerweile nicht einmal ich noch ignorieren konnte, dass ich in einer toxischen Beziehung steckte.
Die meisten Wunden, die ich aus der Zeit mitgenommen habe, sind mittlerweile verheilt. Aber eine Sache bin ich nicht losgeworden. Eine Fantasie blieb vergiftet: Gefesselt schlafen.
Ich weiß auf einer rationalen Ebene, dass die Fantasie sehr verbreitet ist. Wenn ich in meinem Kopfkino einen expliziten Film mit mir in der Hauptrolle gucke, kann ich jetzt wesentlich abgefucktere Dinge mit mir passieren lassen und es hemmungslos genießen. Aber das schlichte Bild, ich liege mit einer Person, die ich anziehend finde, zusammen in einem Bett, der Mensch kuschelt sich an mich, und ich kann leider nicht weg und muss Zuneigung ertragen; das Bild kann ich nicht genießen.
Denn hier gibt es nicht nur Fantasie, sondern auch Erfahrung. Diese Erfahrung kondensiert in einem Satz, der seitdem bei mir geblieben ist. „Das mache ich jetzt wirklich nur für dich, ich verstehe null, was daran spannend sein soll“. Aber hey, no judgment.
Ich werde die Erfahrung nicht vergessen können. Aber ich wollte ihr ein Gegengewicht geben: eine rundum gute Erfahrung machen, bei der ich mich an keiner Stelle weird fühlen muss. Mit der Intention landete eine Email von mir in Jays Postfach:
„Ich wende mich vor allem an dich, weil Du eine sehr zugewandte Herzlichkeit in Text und Bild ausstrahlst. Die erleichtert es mir, mir vorzustellen, mich dir zu öffnen und mit dir Geschichten von Fantasien und Erfahrungen zu teilen, die ich nicht mal in Partnerschaften teilen konnte […] Du gibst mir den Eindruck, dass es einfach mit dir ist, über Wünsche, Verlangen, mitunter auch absurde Fantasien zu sprechen.“
Einige Wochen später
„Jetzt erzähl. Ich will alles wissen. In ein paar Stunden wirst Du mit mir im Bett liegen und kannst nirgends hin, weil ich dich gefesselt habe. Ich freue mich schon sehr darauf. Was macht das mit dir, wenn ich dir das so sage?“
Jay grinst. Wir sitzen beim Italiener ihres Vertrauens. Hinter uns eine Gruppe Rentner, vor uns ein Pärchen. Vorbei eilende Kellner. Sehr geschäftig hier, alles. Für einen „Drinnie“ wie mich eine Situation, die schon fast unangenehm ist. Aber nur fast.
In unserer kleinen Ecke fühle ich mich sicher. Es fühlt sich gut an, hier von Jay in die Situation gebracht zu werden, mich erklären zu müssen. Denn wie sie fragt, mich anschaut, und auch beim Schubsen aus der Komfortzone meine Grenzen wahrt und wertschätzt, lässt sprichwörtlich mein Herz höher schlagen.
Ich kann den Spaß spüren, den sie dabei hat, mich hier zu expliziten Erklärungen zu bringen, zusammen mit ihrer großen Neugier, wirklich genau zu begreifen, wie ich denke. Sie erkundet mich mit den besten Intentionen. Jay fragt sich tiefer und tiefer durch meine Fantasien und lässt mich nicht mit vagen Beschreibungen davon kommen. Und während ich immer wieder Luft holen und schlucken muss, und mich selbst darüber amüsiere, wie rot ich werde und wieder nicht weiß, wohin mit mir, sitzt Jay da, lacht mich an – und nie aus. Sie gibt mir das großartige, warme Gefühl, nicht nur zu verstehen, sondern auch zu mögen, was ich da erzähle.
Ich bin gerne verlegen. Aber nicht gerne beschämt. Und beim Auftakt in diesen Abend schafft es Jay permanent, mich verlegen zu halten, auf der guten Seite des Rot Werdens, im angenehmen Gefühl von Nervosität.
„Ich weiß schon sehr genau, was ich mit dir gleich machen werde“, sagt sie leise, hintergründig lächelnd, als wir schließlich zahlen. Und wieder hole ich Luft.
Etwas später
„Darüber hatten wir gar nicht gesprochen“, sage ich lachend.
„Wir hatten auch nicht darüber gesprochen, dass Du jetzt sprechen können solltest“, sagt Jay lachend, steckt mir einen Knebel in den Mund, und pumpt ihn auf.
Ich liege gefesselt im Bett – aber anders, als ich erwartet hatte. Nackt, in schöner X-Form. Arme und Beine weit ausgestreckt. Meine Gelenke stecken in Manschetten. Und die Manschetten sind am Bettrahmen befestigt. Ich kann mich nicht rühren, nichts sehen (eine Schlafbrille sorgt für Dunkelheit) und jetzt auch nicht mehr kommentieren, was weiter geschieht. Nur in den Knebel stöhnen – was ich jetzt auch tue, denn Jays Hände streichen an meinen Seiten herunter.
Wir in der Tat hatten gar nicht darüber gesprochen, was in diesem Teil des Abends passieren sollte. Ich hatte mir ein gemeinsames Abendessen gewünscht, bei dem ich mich in einem sicheren Rahmen öffnen kann. Und dass ich gefesselt wäre zum Schlafen – da hatten wir uns auf Bondage Tape um Arme und Beine geeinigt, und dass vermutlich eine Variante der Löffelchenstellung am besten funktionieren würde.
Dass zwischen Abendessen und Schlafen noch Raum für Intimität, vielleicht gar für Sex sein würde, war mir klar gewesen. Aber ich hatte mir nichts ausmalen wollen. Denn wie lange könnte dieser Zeitraum sein? Drei Stunden? Vier? So lange kann doch kein Mensch Sex haben. Und Jay will bestimmt auch irgendwann schlafen, wie weit in den Abend darf ich denn mit meinen Wünschen ihre Zeit verplanen? Also: Besser keine Gedanken drüber machen und Jay die Führung überlassen.
Langsam streichen ihre Hände an meinem Körper herunter. Vom Nacken. Über die Schultern, meine Arme entlang, über die Hände, dann wieder entlang der Innenseite meiner Arme. Entlang der Achseln, über meine Seiten. Verharren an meinen Hüften. Ein kurzes, neckendes Spiel an meiner Körpermitte. Und dann, die Oberschenkel weiter runter.
Ich fühle mich, als würde mein Körper Funken schlagen. So viel warme, schöne Berührung. Und ich bin gezwungen, sie zu fühlen. Mich gut zu fühlen, weil Jay will, dass ich mich gut fühle. Ich stöhne, seufze, lache in den Knebel, zapple in den Fesseln, weil ich wirklich kaum fassen kann, wie gut mir das tut.
„Ich könnte das stundenlang mit dir machen“, sagt Jay – und ich höre sie dabei lächeln. „Moment, wieso könnte? Du musst morgen nirgends hin, nicht wahr? Wir haben also sehr viel Zeit…“, sagt sie. Ihre Hände sind an den Innenseiten meiner Oberschenkel. Und dann spüre ich ihre Zunge.
Stunden später
Ich wache auf. Verwirrt. Etwas orientierungslos. Mein Körper sendet komische Signale. Dann sortiert sich alles ein bisschen. Meine Arme und Beine sind in Bondage Tape verpackt. Ich liege nackt in Embroyhaltung mit Jay in einem Bett. Die Schlafbrille verhindert weiterhin, dass ich etwas sehe – aber es ist jetzt ohnehin tiefe Nacht.
Jay hat sich dafür entschieden, dass ich der kleine Löffel sein soll, damit ich Platz für meine gefesselten Arme habe. An mich geschmiegt, mit einem Arm um mich gelegt, ist sie zügig eingeschlafen – und ich schließlich auch, trotz der ungewöhnlichen Situation. Dafür war das Abendprogramm fordernd genug.
Ich fühle ein sachtes Streichen über meinen Hintern. Das war wohl auch, was mich geweckt hat. Jay streichelt mich. Ich seufze wohlig. Das warme Gefühl, hier zu gleichen Teilen machtlos wie sicher zu sein, macht sich wieder breit.
Mehr Bewegung, die streichelnde Hand verschwindet. Jay scheint sich aufzusetzen.
Ich höre Rascheln. Das Öffnen einer Tube.
Und schnappe ich nach Luft. Eine ölige, behandschuhte Hand gleitet über meine Pobacken. Ich bin hilflos ausgeliefert für alles, was jetzt kommt – und könnte kaum glücklicher sein.
Jetzt habe ich eine neue, viel bessere Erinnerung, die mir die Fantasie, gefesselt zu schlafen, wieder als erotischen Tagtraum möglich macht.
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Jays Perspektive auf dieses Overnight findest Du hier.
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