Fünf Tage, drei Städte. Ich als Muse für meinen Gast. Was kann da schon schief gehen?
Spaß beiseite. Lange Buchungen über ein Overnight hinaus sind bei mir wirklich selten. Als ein Gentleman vorschlägt, mich fünf Tage lang für einen Ausflug zu entführen, zögere ich kurz. Das ist wirklich lang. Länger, als ich je mit einem Gast verbringen durfte.
Fünf Tage nur mit ihm, als seine Muse. Viele Eindrücke, einige neue Erfahrungen und ein Rekord für meine Buchungs-Historie. Ich kenne ihn bereits – und mein Bauchgefühl sagt: Ja, das wird toll!
Vorbereitungen für eine Langzeit Buchung
Als ich dann am Packen bin, kommen die Selbstzweifel. Ich bin schließlich Escort. Also muss ich immer top gestylt sein, oder? Sexy. Bereit für Intimität. Auch beim Wandern bereit, das Cover der Vogue zu shooten.
Moment, denke ich mir. Er schätzt mich auch in Jeans und T-Shirt. Und seine Aussage war: “Trage das, in dem Du Dich wohl fühlst.”
Also reduziere ich meinen Kofferinhalt. Ein Kleid für besondere Anlässe, sonst Jeans, Hotpants (weil Sommer) und T-Shirts.
Zwei Paar Schuhe müssen auch reichen…
Rapunzel, Rapunzel, lass Dein Haar herunter!
Tag Eins, es geht los: Wir treffen uns am Bahnhof in Frankfurt. Wir gehen ins Kommunikationsmuseum zur Ausstellung, “Apropos Sex” – meine Idee.
Ein tolles Museum, mit einer spannenden Sonderausstellung! Ich erkenne sogar bekannte Gesichter.
Sie gibt uns viel Gesprächsstoff und hinterlässt offene Fragen. Eine von vielen: Wie wurdest Du aufgeklärt? (Verrate mir das gerne in den Kommentaren.)
Danach suchen wir uns etwas zu Essen und fahren weiter nach Hanau. Denn bei einem früheren Treffen war ein Punkt zwischen uns die Frage – was ist Grimm Stadt? Hanau oder Kassel? In Hanau finden jedenfalls die Grimm-Festspiele statt und die Stadt sponsert einen Grimm Heißluftballon. Kassel hat aber die Grimm-Welten. Beides Neuland für meinen Gast und mich.
So finden wir uns abends bei den Grimm-Festspielen ein. Was erwartet uns? Kitschiges Theater, oder unterhaltsame Kunst?
Unterhaltsam war es allemal. Mich erinnert es an meine Jahre im Schultheater. Ich erkenne den Aufwand, den die Inszenierung mit sich bringt. Und die Freude, welche die Darstellenden an der Aufführung haben.
Seufz. Auf der Bühne würde ich auch gerne wieder stehen.
Doch für heute ist es vorbei. Wir kehren zurück in mein Hanauer Fun Flat, genießen Hautkontakt und fallen in einen Dornröschenschlaf…
Auf den Spuren der umtriebigen Gebrüder Grimm
… bis mich mein Wecker weckt. Mein Begleiter ist bereits hellwach und lächelt mir entgegen.
Nach genüsslichen Küssen beginne ich mein Yoga. Bei einem Overnight lasse ich das auch mal aus, doch bei längeren Buchungen ist das unverhandelbar.
Mein Gast – nennen wir ihn H.G. – fotografiert gerne. Dadurch entstehen ein paar interessante Aufnahmen:
Er möchte Neues entdecken – auch kulinarisch. Deshalb frühstückt er Haferflocken, Apfel und veganen Skyr mit. Laut ihm sehr lecker!
Danach los zum Bahnhof, denn die Grimm-Welten warten. Das Museum wurde vor 10 Jahren eröffnet und ist auch heute noch spannend zu erkunden. Vor allem begeistert mich die Reihe an Werken, an denen die Brüder Grimm beteiligt waren. Ich dachte, ich hätte vielfältige Interessen und wäre ein Durcaell-Häschen, doch die Bandbreite der Machenschaften der Gebrüder Grimm stellt mich weit in den Schatten.
Amüsant ist auch eine “Schimpfwort Muschel” – Besuchende können ein modernes Schimpfwort hinein sagen und erhalten ein altes zurück.
“Ich darf das”, kommentiere ich und rufe “Hure!” in die Muschel.
“Spinnenfresser” kommt zurück. Wir blicken uns an und lachen.
Ein erstes Mal seit Jahren
Veganes Abendessen, sinnliche Zeit im Hotel, eine geruhsame Nacht… dann auf zum Naturkundemuseum. Denn dort warten die “Giganten der Tiefe”. Von der Ausstellung erfuhren wir über Plakate in Kassel und ließen uns begeistern.
Nach einem leckeren Mittagessen – wieder darf ich für H.G. bestellen – geht’s weiter zur Therme. Ich liebe Sauna, doch H.G. war seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr im Wasser. Durch Venenprobleme sind Aufgüsse nichts für ihn, aber er wagt sich mit mir ins Becken.
Seinen unglaublich freudigen Gesichtsausdruck, als er zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder erfolgreich eine Bahn schwimmt, werde ich nie vergessen. So wunderbar!
Immer wieder schön: Chaos mit der DB
Natürlich darf auch Bahnchaos bei unserem Ausflug nicht fehlen. Es geht noch gut los, doch auf den letzten Metern baut der Regio eine Verspätung von 6 Minuten auf – bei einer Umsteigezeit von 7 Minuten kein gutes Omen.
Ich sprinte los, Treppe runter, Treppe rauf – doch die Türen des ICEs schließen vor meiner Nase.
Also eine Station zurück, in einen weiteren Regio und einen neuen ICE. Mit einer Stunde Verspätung kommen wir dann in Leipzig an. Gut, dass wir nichts Großes geplant hatten.
Das Zimmer im Hotel ist sogar schon bereit.
Nach inniger Nähe auf in die Stadt – denn H.G. war noch nie in einem Dessous Geschäft. Schon gar nicht mit weiblicher Begleitung.
Es beginnt eine Odyssee. Vier Geschäfte haben nur Alltagswäsche. Nichts, wofür ich Geld ausgeben würde.
Dann, endlich: “Lieblingsstücke”, ein kleiner Laden in Leipzig. Mit Leidenschaft geführt von Menschen, die ihr Sortiment bis ins letzte Höschen kennen.
Und ja, ich werde fündig!
H.G. sieht von dem Sofa aus zu, sein Blick ehrlich – sowohl in seiner Wertschätzung als auch seiner Skepsis.
Meine Auswahl? Die zeige ich Dir gerne persönlich… Hier aber ein kleiner Vorgeschmack:
Ein Tag im Zoo
Da sowohl H.G als auch ich große Zoo-Fans sind (auch wenn ich ihnen aus Tierwohl-Sicht skeptisch gegenüber stehe), ist unser Highlight in Leipzig ganz familienfreundlich: Ein Besuch im Zoo!
Wir starten um 9 Uhr zu Fuß vom Hotel und kehren erst gegen 17 Uhr zurück. Erfreuen uns an Riesen-Ottern, Flug-Füchsen, überraschend vegan-freundlichen Zoo-Restaurants, entspannten Huftieren, und umtriebigen Ameisenbären.
Ich schaffe es, den Zoo-Shop ohne Kuscheltier zu verlassen (das ist echt lobenswert!), und wir genießen die Horizontale für innige Momente, bevor wir uns fürs Kabarett umziehen. Kabarett, wieder eine neue Erfahrung! Auch ich war schon lange nicht mehr im Publikum bei so einem Abend.
Ich werfe mich in mein Kleid und Stiefel (die Absatzschuhe ließ ich aus Platzgründen zurück), H.G. in ein Hemd. Das Kabarett wird nämlich zu Grabe getragen in der Pfeffermühle Leipzig. Wir wohnen der Zeremonie bei – und erleben, wie das Ensemble sie wieder aufleben lässt.
Es ist ein unterhaltsamer Abend, doch geht es für mich eher Richtung Comedy. Was Kabarett angeht, bin ich wohl von Georg Schramm und seinen Anstalt-Kollegen verwöhnt. Die Pfeffermühle greift wichtige Themen auf, wie das Infrastrukturchaos, das H.G. und ich selbst erleben durften, oder auch die Migrationsdebatte und die Überhandnahme von Smartphones. Doch mir persönlich fehlt es an Biss.
Da ich allerdings auch nicht sagen kann, wie es besser, tiefgründiger, bissiger ginge (sonst wäre ich ins Kabarett gegangen, oder zumindest ins Stand-Up), ist meine Kritik recht hohl.
Ein wunderschöner Abend war es dennoch!
Ein letzter Vormittag in Leipzig
Nach einem vollen Tag heißt es nun: Ausschlafen. Kuscheln, Haut spüren…. Und Lippen.
Anstatt bis zum Checkout im Hotelzimmer zu verweilen, folgen wir dem Unbekannten. Denn in Leipzig gibt es eine Pop-Up Banksy Ausstellung. Ich lade H.G. in meine Lieblings-Café-Kette ein (rate mal welche!), und dann begeben wir uns auf Zeitreise. Wir folgen den Spuren von Banksy, tauschen uns aus, lachen über Foto-Möglichkeiten (siehe unten), und stellen frustriert fest, dass alle Themen, die Banksy angeprangert hat, noch immer aktuell sind.
Wir können uns glücklicherweise gut abgrenzen und lassen die Tage bei einem letzten Essen geruhsam ausklingen.
Unser Zug hat natürlich Verspätung, aber wir machen das Beste draus. Und küssen uns ganz innig zum Abschied.
Was kostet der Spaß?
Fünf ganze Tage mit einer Escort sind nicht günstig. Was das genau kostet, kann ich Dir aber nicht pauschal sagen. Es kommt immer auch auf das Programm an. Was unternehmen wir? Welche Rolle habe ich?
Für H.G. bin ich mit großer Begeisterung eine Muse, die ihn zu neuen Erfahrungen motiviert und inspiriert. Die ihm den nötigen Schubs gibt, etwas zu tun, was er sich alleine nie trauen würde.
Ohne mich wäre er nie in der Therme gewesen und hätte nie gespürt, wie toll sich Wasser um ihn herum anfühlt. Ohne mich wäre er am Montag nie in der Kneipe “Links von der Tanke” gelandet, wo ich mich in eine Katze auf der Kneipenbank verliebte. Ohne mich hätte er nie seinen ersten Aperol Spritz probiert oder einen Poke Bowl zusammengestellt.
Was wäre ich für Dich? Was für einen Ausflug schwebt Dir vor?
Lass Deinem Kopfkino freien Lauf – das kostet auch nichts!
Sehr inspirierend! 🙂
Hallo Jay
Das hat sehr viel Spaß gemacht das zu lesen und meinen Kopfkino hat viel Spaß gemacht. Was ihr in den Hotelzimmeren und anderswo getrieben habt. Jay sex ist doch was schönes. Aufgeklärt wurde ich durch meine Eltern. Verrätst du Jay wer dich aufgeklärt hat. VLG Till
Schön, dass das deine Eltern übernommen haben 🙂 Bei mir waren es meine Geschwister. Die sind über 10 Jahre älter als ich.
Wahnsinnig inspirierend 😍 und wunderschön.
Kann mir das sehr gut vorstellen mich auf ein solches Erlebnis einzulassen. Auf Neues, Unbekanntes einlassen!
Danke dir! Ja, Neues und Unbekanntes, ein paar Tage einfach mal Leben Pur 🙂
Abwechslungsreiche und vielfältige Unternehmungen, unterhaltend zu lesen.
Denke da paßt das Schlagwort „GFE“ gut hin.
Bei Bahn AG dürftest Du bei mir sogar kostenfrei mitfahren.
Irgendwie hat das schon was, selbst denkt man immer in anderen Dimensionen.
Klar ist so was schön und so was sollte bei der Steuer auch irgendwie Berücksichtigung…..;-).
Bahn AG ist allerdings eine Herausforderung…..
Das ist eine schöne Geschichte, schön erzählt! Danke
Toll Jay, das würde mir auch gefallen. Du bist sehr inspirierend und ich würde mich auch von Dir leiten lassen. Im Juli habe ich einen runden Geburtstag. Da gönne ich mir 24 Stunden mit meiner SDL. Ich bin total aufgeregt! 😃
Ui das freut mich sehr! Da wünsche ich dir einen wunderbaren Geburtstag und euch ganz wunderbare 24 Stunden!