Wenn ich anderen Menschen erzähle, was ich beruflich mache, fragen einige sehr schnell: “Und was sind das für Leute, die zu Dir kommen?” Gemeint sind meine Escort Kunden. 

Gefragt wird meist zögerlich. Oftmals in forciert neutralem Ton, als ob ich nicht genau weiß, dass die Person eine ganz klare Vorstellung hat. Das Klischee: männlich, älter, unattraktiv. Und vor allem: respektlos. Denn wer “Frauenkörper kauft”, kann doch keinen Anstand haben, oder?

Weit gefehlt. Zum einen ist es eine Dienstleistung. Mein Körper gehört immer noch mir, denn ich “verkaufe” lediglich meine Zeit und meiner Expertise. Zum anderen habe ich in meinen vier Jahren als Escort weit mehr respektvolle Herren getroffen, als ich privat kennenlernen durfte. 

Das klingt aber recht vage. Deshalb hier sieben Beispiele aus meinem Stuttgart-Besuch im August, um Dir zu zeigen, wer meine Escort Kunden wirklich sind.

 

Escort Kunde 1: Intimes Fisting

Kurz nach meiner Ankunft in Stuttgart klopfte schon mein erster Gast. Unser zweites Treffen sollte völlig anders als das erste vor einigen Monaten sein. 

Ich schätze ihn auf Mitte bis Ende 40, vielleicht Anfang 50. Sehr intelligent, gepflegt, und auch ein kleines Fickstück, das sich gerne fisten lässt, wenn die Situation passt. 

So extrem das klingen mag – für mich ist fisting unglaublich intim. Ich bin buchstäblich mit meiner Hand in einer Person, an einer Stelle, wo sonst kein Mensch hinkommt. Dass sich ein an sich Fremder mir so anvertraut, ehrt mich immens. 

Dieses Mal fragt er jedoch im Vorgespräch, ob er ein bisschen dominanter sein dürfte. Das mache er sonst kaum. Da ich ihn schon kenne, kann ich dem freudig zustimmen. Schlussendlich switchen wir wieder zurück und meine Faust bringt ihn in andere Sphären. 

Eine wunderbare, respektvolle Dynamik. Für ihn eine wunderbare Auszeit vom Alltag, für mich immens viel Lust und Spaß. 

Independent Escort jay in Sportkleidung auf einem Bett

Escort Kunde 2: Sexy ITler

Manche meiner Gäste sind konventionell attraktiv. So auch dieser junge Mann. Als ich sein Whatsapp Profilbild sah, dachte ich, er hat ein attraktives Bild eines Schauspielers… aber nein. Er sieht tatsächlich so aus. 

Anfang 30, meiner Meinung nach wirklich sexy, mit einem unglaublich fordernden Job. 

Mich besucht er in der Mittagspause. “Die haben im Meeting geguckt, als ich gesagt habe, ich muss dann mal los. Aber egal.”

Eine Pause braucht er definitiv, merke ich. 

Und die bekommt er. 

Selten habe ich einen Menschen erlebt, der so intensiv auf Berührung reagiert. Für ihn ganz wichtig: Ich habe die Führung. Er folgt.

Nicht ganz in Richtung BDSM, aber schon abseits von Vanilla. Tease and Denial. Leichte Schläge im Intimbereich. Viel Nähe und Berührung. Intensive Küsse. 

Eine kurze Zeit einfach abschalten. Jede Berührung elektrisiert. Als er wieder die Augen öffnet, zittert er noch von der Erlösung. 

Unsere Gespräche sind kurz, aber deep. Kein Raum für Small Talk. 

Er muss zurück zur Arbeit, wirkt aber deutlich gelöster. 

Ich mache mir einen Espresso mit einem breiten Grinsen.

 

Escort Kunde 3: Endlich wieder Sex

Eine spontane Anfrage an einem Tag, als alles schief läuft. Zwei Absagen trotz Anzahlung. Da freue ich mich über eine sehr wertschätzende Nachricht von einem mir noch unbekannten Gentleman. 

Er ist in der Baubranche, vermute ich, und kann nur weg, wenn es keiner merkt. Er bat mich in seiner Anfrage auch, auf Parfüm zu verzichten. Trage ich eh nie. 

Mir begegnet ein Herr um die 40, mit grau meliertem Haar und normaler Figur, der sich unglaublich freut, dass es klappt. 

Später, als wir uns in Küssen und Berührungen verlieren, höre ich ein leises, “Wie schön, Sex haben zu dürfen.”

Mein Herz schlägt schneller. Ich sehe mich auch als “supportive sexworker”, also ich unterstütze Menschen bei persönlichen Prozessen. Ihm scheint Intimität wirklich zu fehlen im Leben, also gehe ich intensiver in Berührungen. Höre genauestens hin, wenn er Wünsche äußert und versuche, die versteckten Fantasien dahinter zu erkennen. 

Er strahlt von innen, als ich ihn verabschiede, und schreibt mir am Tag darauf noch eine wunderbare Dankes-Nachricht. 

Durch solche Kunden merke ich, dass Escort für mich wirklich Berufung ist, nicht nur (Neben-)Beruf.    

Escort Kunde 4: Nass im Badeanzug

Ebenso einen Moment erlebe ich nach einer sehr spannenden Begegnung. 

Mein Gast ist um die 50, groß, bezeichnet sich selbst als dick. Wir sprechen über Fett-Feindlichkeit, die eine Art der Diskriminierung, die auch heute noch okay ist, diskutieren über Patriachat und ich lerne, dass für wirkliche “Gleichberechtigung” tatsächlich zwei Gesetze geändert weren müssen, die Männer benachteiligen. 

Intim gefällt ihm eng anliegende Sportkleidung. Wir vergnügen uns unter der Dusche, während ich einen Badeanzug trage. Den behalte ich im Bett auch an. Seine Erregung und seine Wertschätzung sind so wunderbar, dass mir egal ist, wenn das Bett nass wird. 

Eine sehr spezielle Vorliebe, die in Partnerschaft wohl selten auf Gegenliebe trifft. Einer der Gründe, warum Sexarbeit so wertvoll ist: Menschen können ihre Fantasien ausleben und stehen im Mittelpunkt. In einer Beziehung oder im privaten Dating wäre das kaum möglich, außer man findet sein perfektes Match. Oder arrangiert sich, seinem Partner regelmäßig eben einen Gefallen zu tun und diese Vorliebe zu erfüllen.  

Wir überziehen unsere Zeit ein bisschen bei Gesprächen über Theater und Musicals, die mich weit über die Befriedigung hinaus bereichern, die ich aus seinem glückseligen Lächeln gezogen habe. Ich liebe es eben auch, von anderen zu lernen. 

 

Escort Kunde 5: Auf dem Asexualitäts-Spektrum 

Eines der Dinge, die ich gerade lerne, ist Fesseln. Persönlich habe ich dank Catherine Mason entdeckt, dass ich sehr seilaffin bin. Sie ist zudem eine wunderbare Lehrerin und hat mir ein paar Basics gezeigt, die ich für dominante Sessions nutzen möchte. 

Catherine brennt für Shibari. Wenn sie als Riggerin agiert, ist das Seil eine Verlängerung von ihr selbst – so habe ich es zumindest erlebt, denn ich kam schon in den Genuss, von ihr gefesselt zu werden. 

Ich selbst sehe meine anfängliche Unfähigkeit und traue mich kaum, Seil in Sessions zu integrieren. 

Zumindest bis zu einem Samstagabend in Stuttgart. 

Denn hier gibt es einen wunderbaren Gast, zwei Jahre jünger als ich, der es liebt, sich nicht bewegen zu können. Er hat sogar einen Bondagesack, den ich bereits mit ihm testen durfte. Dabei verortet er sich irgendwo auf dem Asexualitäts-Spektrum. Heißt: Sex reizt ihn an sich nicht. Bestimmte Aspekte des BDSM aber schon. 

Somit findet er wunderbare Auszeiten mit Fetisch Escorts, Bizarrladys und Dominas. So wie mit mir. 

Strapon-Behandlung ist ein wunderbarer Teil seiner Vorlieben. Beim letzten Treffen hatte ich festgestellt, dass unbeweglich fixiert zu sein, seine Lust steigert. Doch heute sind wir privater. Keine BDSM Möbel vorhanden. Gibt es vielleicht eine Fesselung, die ich da anwenden könnte? 

Oh ja! Catherine zeigt mir etwas Einfaches. Bis kurz vor dem Treffen übe ich mit dem Seil an mir selbst. 

Ich beginne leicht und steigere mich. Freue mich, als ich merke, dass er das Gefühl von Seil genauso genießen kann wie ich. 

Verknote mich und hoffe, dass es nicht arg auffällt. Aber hey, er meinte, ich könne gerne bei ihm üben. 

Mein Kopfkino bewahrheitet sich. Seine Hände zusammengebunden auf der Brust, Schienbeine an den Oberschenkel gefesselt und gespreizt, damit ich mit dem Strapon gut agieren kann. Er wird zu meiner Puppe, die ich durch das Seil bewegen kann, wie ich möchte. 

Es ist unglaublich intensiv. Es fließt und ich überziehe unsere Zeit, weil es einfach so spannend ist. 

Er braucht lange, um wieder zu sich zu kommen. Der ganze Körper kribbelt. Eine sehr intensive Reaktion, aber meines Wissens nicht unnormal. Er kann gut auf sich achten und bleibt liegen. Setzt sich langsam auf. Trinkt das Wasser, das ich ihm reiche, und die lange Aftercare, die ich merke, dass nötig ist.

Darin erfahre ich vieles. Auch, dass er Sexualität nur in solchen Sessions auslebt, denn die geben ihm genau das, was er braucht. Ansonsten hat er keinerlei Drang oder Notwendigkeit, sexuellen Kontakt mit andern Menschen zu suchen. 

Mit sich selbst ist er da absolut im Reinen. Nur unsere Gesellschaft würde ihm da diverse Klischees an den Kopf werfen. Deshalb bleibt er diskret. 

Ich hoffe, dass wir eines Tages in einer Welt leben, in dem auch diese Ausprägung von Sexualität nicht als “sonderbar” gilt, sondern als eben eine Facette von vielen. 

Rückenansich von Jay in Windel

Escort Kunde 6: Windel-Momente

Noch so ein Thema: Erwachsenen-Windeln. 

Die meisten denken da sofort an pädophile Neigungen. Doch was ist an einer erwachsenen Person, die eine Windel trägt, pädophil? 

Ich selbst durfte dank eines Gastes in Berlin erstmals ein solches Accessoire tragen und fand es mega interessant. Nicht erotisch, aber das brauche ich nicht, um mich für etwas begeistern zu lassen. 

An sich hätte mein erstes Mal ja mit diesem Herrn aus dem Stuttgarter Raum stattfinden sollen. Zu unserem ersten Treffen hatte er eine Windel mitgebracht sowie eine bestimmte Art Ballett-Schuh, was ihn unglaublich anmacht. 

Dann verloren wir uns in Gesprächen und Küssen und Berührungen und die Windel war vergessen. 

Inzwischen ist es sozusagen Tradition, dass ich ihm die Tür öffne und bereits eine Windel anhabe. Er mag die Optik und das Gefühl. Das Knistern des Plastiks. 

Ich genieße es, damit zu spielen und zu sehen, wie sehr ihn das anmacht. Wir kennen uns schon länger, das schafft Vertrauen. Als er mich in die Matratze drückt und ich regelrecht schnurre, spornt es ihn an. 

Bei mir kann er seinen Fetisch ausleben und wird angenommen.  

Dabei weiß ich, dass Sexualität mehr ist als eine bestimmte Vorliebe. So sind unsere Treffen wunderbare Stürme aus Objektfetisch, Girlfriend Sex und seit diesem Mal auch härteren Elementen. 

Ich weiß wenig von seinem Privatleben. Selbst, wenn seine bisherige Partnerin diese Vorliebe akzeptiert hätte – was ich nicht glaube, sonst hätte er es erwähnt, sagt mir mein Gefühl – so hat er aktuell keinerlei Möglichkeiten, diese Bedürfnisse auszuleben. 

Adult Diaper ist nicht so verbreitet wie Fußfetisch und selbst da kommt es ja auf die Harmonie an. Es ist so viel einfacher, einen Profi zu bezahlen, um die Vorliebe auszuleben. Klar muss man sich das leisten können. Ich bin froh, dass dieser inzwischen Stammkunde das kann, und ich diese besonderen Treffen genießen darf.

 

Escort Kunde 7: Kuscheln anstatt Klinik

Ebenso genieße ich Kuschelsex. Ganz normalen, unaufregenden Kuschelsex. 

Das lebe ich auch oft aus. Für Stuttgart kommt mir ein bestimmter Herr in den Sinn. Eigentlich ist seine große Vorliebe Klinik. Also Begegnungen mit einer Schwester oder Ärztin, die Blut entnehmen, Puls messen, ihn untersuchen, einen Katheter legen… 

Dabei braucht er Realismus. Das ist nicht per Kopfkino in einer privaten Unterkunft umsetzbar, sondern braucht einen expliziten Klinik-Raum.

Den habe ich aber (noch) nicht. Er will mich trotzdem kennenlernen. Gesehen hat er mich im Beitrag von “Quer”, dann angefragt. An sich hatte ich den Zeitraum privat verplant, aber seine Nachricht war so… Ich kann es kaum beschreiben. 

Etwas in mir wusste: Ich muss diesen Menschen treffen. 

Dieses Mal in Stuttgart ist es ebenso spontan, aber die Sterne stehen günstig. Wir reden viel und ich erfahre mehr über seine bisherigen Erfahrungen. Vor Corona ist dieser Herr (Mitte 50, ganz normal) oft quer durchs Land gefahren, um Klinik-Sessions zu erleben. Er spart regelrecht darauf. 

Nach Corona glaubte er, nie wieder eine Person zu finden, die so wirklich passt. 

Dann sah er mich und meine authentische Art reizte ihn. Er beherrscht weder WhatsApp noch irgendwas Digitales, doch er hatte etwas zur Anzahlung auf meine Webseite gelesen und gab sein Bestes. 

Jetzt, wo ich ihn besser kenne, schätze ich seine Bemühungen umso mehr. 

Auch dieses Mal treffen wir uns nicht in einem Klinik-Bereich, Wir reden viel, küssen innig, genießen eine gemeinsame Dusche. 

Er ist Single und mag vor allem jüngere, weiblich gelesene Personen. Beim Dating etwas limitierend. Also bucht er Menschen wie mich. Was ist daran bitte verwerflich? 

 

Escort Kunden sind vor allem eins: verschieden

Im August war Ferienzeit, somit waren einige meiner geschätzten Gäste aus Stuttgart abwesend. 

Der Herr, der endlich auch Sexualität wieder Raum gibt, nachdem jahrelang die Arbeit im Fokus stand.

Der Nylon-Liebhaber, der mich mit seinem Level an Respekt und Wertschätzung immer wieder beeindruckt. 

Der Hobby Musiker, der einst stundenlang nach Bayern fuhr, um mich zu treffen, weil Sex in seiner Beziehung keine Rolle mehr spielt, und der den Mut gefasst hat, neue Wege zu gehen. 

Und noch so viele weitere Menschen, die einen Platz in meinem Herzen haben, wenn sie hier auch keine Erwähnung fanden.

Ich bin so dankbar, dass ich sie auf einem Teil ihrer Reise begleiten darf. 

Und erfüllt, dass ich ihnen zu helfen scheine. 

Wenn da noch einmal jemand die Nase rümpft und meint, alle Escort Kunden seien respektlos… dann werde ich ausfallend. 

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